Die Knoblauchodyssee

oder was mache ich mit nassen Haaren, einem dreiviertel Kilo geschnittenem Zwiebel und rohem Rindfleisch? Oder wie lerne ich endlich meine Nachbarn kennen?

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Alles ist vorbereitet. Heute gibt´s Gulasch. Mit Nockerln und Spiegelei. In der Früh hab ich noch an ihn gedacht. Chinesischer oder nicht? Auf der Heimfahrt an tausend andere Dinge. Was muss ich alles für das Mädels-Thermenwochenende einpacken, ist Mr. Bee gut versorgt, wasche ich die Haare vor dem Kochen oder erst nachher? Wann packe ich den Koffer? Ja und so hab ich ihn vergessen. Schlicht und einfach. Eine der wichtigsten Zutaten für´s Gulasch. KNOBLAUCH! Meine letzten Knollen haben sich irgendwie in Luft aufgelöst. Also nicht ganz, nur das was drinnen war. Die Zehen sind zu kleinen unkenntlichen Dingern zusammengeschrumpft – binnen einer Woche. Ärgerlich! Drum hab ich sie verärgert entsorgt. Und auf Nachschub vergessen. Ich hab sonst immer Knoblauch. Weil der bei mir fast überall reinkommt. Ja und grad heute hab ich mir vor dem Kochen Haare gewaschen. Drum stehe ich mit nassen Haaren, geschnittenem Zwiebel und allen übrigen Zutaten in der Küche und hadere mit mir selbst. Als Perfektionist kann man nicht einfach Gulasch ohne Knoblauch kochen. Das wäre wie Dillsauce ohne Dille oder Krensauce ohne Kren. Mr. Bee ist sehr hilfreich. “Soll ich jetzt sagen es macht nix, wenn kein Knoblauch drinnen ist? Schmeckt man das überhaupt?” Mr. Bee ganz sicher, weil dem kann ich nix vormachen. Er merkt jedes Mal, wenn ich improvisiere. Ist da heute was anders? Und schon hat er mich ertappt. Drum mach ich mich auf den Weg. Zum Kurt. Unserem Nachbarn. Der hat mir schon mal mit einem Mixer ausgeholfen. Der ist am Freitag natürlich unterwegs. Pff. Der Nachbar ganz hinten macht auch nicht auf. Wahrscheinlich ist er nach einem Blick durch den Spion, angsichts einer Bine mit nassen Haaren und spärlich mit Wohlfühlhose, T-Shirt und Socken bekleidet (weil ich ja nur kurz aus der Wohnung raus bin) zu Tode erschrocken. Was jetzt? Doch Schuhe und Jacke. Ich probier´s einfach einen Stock tiefer. Die nette Dame unter uns meint: Eujee ich hab nur Zwiebel daheim. Davon hab ich selbst noch einen Kilo. An der  Tür weiter – kein Erfolg. Erst an der Tür gegenüber hab ich Glück. Eine junge Dame, die ebenfalls keinen Zwiebel hat, macht aber zumindest den Anschein, als würde es ihr echt leid tun. Da geht die gegenüber liegende Tür dann doch auf. Ein älterer Mann. Hat sich wohl zuerst nicht öffnen getraut. Bine, nasse Haare, schwarze Ed Hardy Jacke mit Glitzikreuz und Co. Da hätte ich mich auch gefürchtet. Ich hätte ja auch einen Wasserrohrbruch haben können. Er hat Knoblauch. Von IGLO. Schmeckt genauso wie frischer. Ich versuche ihm den Unterschied zu erklären. Kein Zweck. Schon hab ich eine gefrierbrandgezeichnete, aber originalverpackte, noch nicht abgelaufene IGLO-frisch-gehackter Knoblauch-Dose in der Hand. Ja nein. Soll ich damit kochen? Ich probier´s noch einen Stock tiefer. Kostet ja nichts. Da war ich noch nie. Auch sonst nirgends im Haus. Außer in der Garage. Im Müllraum und Keller. AHAA wir haben sogar einen Gemeinschaftsraum. Eine Tür weiter – ich klingle. Und bin in eine andere Welt versetzt. Eine alte sehr gepflegte Dame. Top geschminkt. Und mit Hochsteckfrisur. Ihr Vorzimmer gleicht einem romantischen Raum einer Vorstadtvilla. Ums Eck rollt eine dicke Katze und wirft sich mir gleich vor die Füße. “Ach Gottchen – ich vertrag doch keinen Knoblauch. Verzweiflung im Gesicht. (in ihrem) Aber Zwiebel habe ich (Ich auch.) Na was machen wir denn da? Sie überlegt. Der andere Nachbar ist noch nicht da. Der Mann im Rollstuhl? Nein. Aber dort vorne. Die ist nett. Sehr nett. Macht auch auf, aber hat: Eine Knoblauchallergie. Die Damen unterhalten sich. Ist da nicht und wer könnte? Zum Schluß könnte ich noch einen Nußstrudel haben. Und vielleicht den Kater für unsere Pepper zum Spielen mitnehmen. Aber kein Knoblauch. Ich probier´s noch einen Stock tiefer. Da wohnt die nette Dame da hinten im Eck. Ich bin mir nicht sicher, ob die Damen wirklich die letzte Tür gemeint haben. Auf der Tür das Bild einer rothaarigen Dame – Wahrsagerin oder so. Oder zumindest sonst irgendwie durchgeknallt. Darunter die Schrift: Es wird langsam kalt, die Blumen beginnen zu stinken. Soll ich da wirklich läuten? Aber ja, was hab ich zu verlieren? Die bekämpft sicher Vampire mit Knoblauch. Und die ganze Wohnung ist voll davon. Oberhalb der Glocke ein Schild (selbst gemacht mit diesen kleinen Maschinen, wo man Buchstaben in Klebebänder klicksen kann – hab ich als Kind auch gern gemacht): BELL TO HELL. Hmmm. Ich zögere kurz. Naja vielleicht ist sie einfach lustig. Ich werde es nicht erfahren. Sie ist nicht daheim. Gott sei Dank? Ich gebe auf. Gefrierbrand-Knoblauch. Was soll´s. Ich koche mit nassen Haaren. Und es wird hervorragend. Auch ohne frischen Knoblauch. Das ist das Ergebnis meiner Odyssee:

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Hier geht´s zum Rezept!

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